Jeder ist ein Genie
„Jeder ist ein Genie! Aber wenn Du einen Fisch danach beurteilst, ob er auf einen Baum klettern kann, wird er sein ganzes Leben glauben, dass er dumm ist.”
– wird Albert Einstein zugeschrieben
In unserer Gesellschaft ist es gängig alle Menschen an denselben Kriterien zu messen und den Fokus auf die Schwächen zu legen; auf die eigenen und die der anderen. Besonders in der Schule wird nach diesem Mindset gehandelt.
Alle Schüler werden an denselben Kriterien gemessen; unabhängig von ihren individuellen Stärken. Darauf basierend werden Schwächen auf der Notenskala mit schlechten Noten bewertet und müssen ausgebügelt werden. Hierfür wird entweder auf intensives und angestrengtes Pauken gesetzt oder es werden Nachhilfelehrer/innen für die Kinder beauftragt. Das verfolgte Ziel ist dabei „keine schlechten Noten zu erhalten“ anstatt „das Bestmögliche aus den Stärken herauszuholen“.
Der Fisch wird demnach konsequent danach bewertet, wie gut er den Baum empor klettern kann, anstatt ihn ins Wasser, sein natürliches Element, zu lassen und seine Schwimmfähigkeiten zu benoten. Darüber hinaus wird der Fokus auf seine fehlenden Kletterkünste gelegt, sodass er sich unzulänglich fühlt.
Dieses Denkkonstrukt möchte ich im Folgenden Artikel auf den Kopf stellen. Mein Vorschlag wäre eine konsequente Konzentration auf die Stärken – sowohl in der Schule als auch darüber hinaus im Leben. Demzufolge würde ich vorschlagen sowohl Kindern als auch Erwachsenen Nachhilfe bzw. „Stärkenförderung“ in den Bereichen zukommen zu lassen, in denen sie gut sind. Denn dann können sie – ihren Stärken entsprechend – exzellent und erfolgreich in diesen Bereichen werden. Das Konzept dahinter nennt sich „Stärken stärken und Schwächen managen“. (Wichtige Anmerkung der Vollständigkeit halber: Natürlich ist es darüber hinaus für die Schule wichtig in keinem Fach eine Note auf Dauer zu erhalten, die die Versetzung oder weitere Schullaufbahn gefährdet.)
Bekannte Menschen, wie z.B. Albert Einstein, Barack Obama und Michael Jackson haben es zum Erfolg gebracht, da sie sich auf ihre individuellen Stärken der Logik, des Charismas und des Entertainments fokussierten.
Dieselbe Herangehensweise wird vor allem auch im Sport genutzt. Beispielsweise spielt ein Fußballspieler i.d.R. auf einer bestimmten Position, weil er/sie etwas sehr gut kann, das für diese Position benötigt wird. So liegen die Stärken von Stürmern oftmals im Torabschluss, während Verteidiger meist ein gutes Stellungsspiel haben und so Gegentore verhindern können. Beide werden jedoch jeweils auf der richtigen Position weiter individuell gefördert.
Deine Stärken sind einzigartig
Was sind Stärken eigentlich? Stärken sind das eigene Potential, die individuelle Anlage. Auf deren Basis kann jeder Mensch eine Leistung auf hohem Niveau konstant, regelmäßig und zuverlässig abrufen ohne große Anstrengung, sondern mit Freude und Leichtigkeit. Somit sind zwei Komponenten einer Stärke besonders relevant: Erstens, das Können, welches zu hoher Leistung führt und zweitens, die Freude daran. Bereits hier ist ein besonderes Merkmal benannt, denn gemeinhin ist das wichtige Element der Freude bei Stärken nicht bekannt. Eine echte Stärke jedoch kostet keine Nerven und Kraft, sondern schenkt bei ihrer Ausübung Freude und Energie.
Jede Person besitzt individuelle Stärken – geradezu einen einzigartigen Stärkencocktail –, welche stabil über viele Jahre hinweg sind. Häufig sind wir uns unserer Stärken nicht bewusst und nehmen sie als selbstverständlich wahr. Gedanken wie „Das ist doch nichts Besonderes“ und „Das kann doch jeder“ kennen die meisten Menschen. Doch dem ist nicht so! Jeder hat einzigartige Stärken. Wir müssen nur lernen unseren Blick dafür zu schärfen.
Die konkrete Ausprägung der einzelnen Stärken im eigenen Stärkencocktail kann variieren, je nachdem wie intensiv die Stärken praktiziert und geübt werden. Außerdem ist die Lebensphase, in der sich die Person gerade befindet, maßgeblich für den entsprechenden Fokus auf und Ausbau von bestimmten Stärken.
Die erste Devise lautet „Stärken stärken“
Wenn wir glücklich und erfolgreich sein möchten, sollten wir unsere Stärken stärken. Das bedeutet, wir sollten unsere Stärken kennen, den Fokus darauflegen und diese durch gezieltes Einsetzen stärken. Dafür ist eine Verlagerung des Fokus notwendig: weg von den Schwächen, hin zu den Stärken.
Weshalb ist es also sinnvoll die eigenen Stärken zu stärken?
- Erstens verspüren wir eine höhere Motivation für stärkenbasierte Tätigkeiten und gehen deshalb mit mehr Triebkraft ans Werk.
- Zweitens erreichen wir eine höhere Leistungsqualität und werden erfolgreicher.
- Drittens kosten uns diese Tätigkeiten weniger Energie, somit fühlen wir uns energiereicher und gesünder.
- Viertens machen uns Tätigkeiten, die unseren Stärken entsprechen, Freude und tragen so zu unserem Glück bei.
Ich möchte dir ein Beispiel geben. Ein Kind, das herausragende Noten in Kunst und Musik erzielt, kämpft jedoch mit seinen „schlechten“ Noten in Mathematik und Physik. Dieses Kind hat besondere Stärken in Kreativität und Empathie. Seine Schwächen liegen jedoch in analytischer Logik und Struktur. Wenn das Kind sich nun mit aller Kraft auf seine Schwächen konzentriert, wird dabei unter Höchstanstrengung voraussichtlich nie mehr als ein „befriedigend“ herausspringen. Wahrscheinlich wird es sich selbst für unzulänglich halten und Glaubenssätze entwickeln, die es sein Leben lang verfolgen. Wenn sein Fokus, seine Energie und Freude jedoch in seine kreative, musische Schöpferkraft fließen, werden die bestehenden Anlagen (Stärken) ausgebaut und gestärkt. Folglich kann das Kind in diesen Bereichen exzellent werden und Erfolge erzielen – in der Schule und darüber hinaus.
Schwächen verhindern ausgezeichnete Leistung
Schwächen sind Anlagen, die ausgezeichnete Leistung in gewissen Bereichen verhindern. Allerdings ist es wichtig zu wissen, dass nicht alle Merkmale, die nicht den eigenen Stärken entsprechen, automatisch Schwächen sind. Stärken und Schwächen sind nicht schwarz oder weiß, ja oder nein, entweder oder. Stärken und Schwächen kann man sich eher wie ein Kontinuum vorstellen. Zwischen den beiden Polen „Stärke“ und „Schwäche“ liegt ein weiter Raum. Es ist viel wahrscheinlicher, dass die eigene Anlage in diesem weiten Raum liegt, und somit eventuell eher eine Nicht-Stärke, als eine Schwäche ist.
Eine Schwäche ist dann eine Schwäche, wenn sie dich in deinem Alltag und deinen Leistungen tatsächlich behindert. Schwächen, die im Alltag hinderlich sein können, könnten zum Beispiel Unpünktlichkeit, Verantwortungslosigkeit, Nicht-zuhören-Können oder fehlende Empathie sein.
Wenn eine Person als Projektmanager/in stets unpünktlich zu den Geschäftsterminen kommt, die Projekte und Aufgaben nicht verantwortungsvoll abliefert oder den Kolleg/innen nicht zuhört bzw. ihnen keinerlei Empathie entgegenbringt, wird Erfolg in diesem Beruf schwierig.
Beispielsweise hat mein Partner unter seinen Top-3 Stärken Umsetzung, Verantwortung und Fokussierung, wohingegen meine drei ausgeprägtesten Stärken Vertrauen, Empathie und Leichtigkeit sind. Das heißt jedoch noch längst nicht, dass ich eine unfokussierte und umsetzungsscheue Person bin und er jegliches empathisches Einfühlungsvermögen vermisst. Ich habe in seinen Stärken keine Schwächen und umgekehrt. Es sind eben nur nicht unsere jeweiligen Top-Stärken. Deshalb sind wir beide so unterschiedlich, einzigartig und in gewisser Weise kompatibel, da wir uns wunderbar ergänzen.
Die zweite Devise lautet „Schwächen managen“
Da wir beim Fokus auf die Schwächen maximal Mittelmaß werden können, ist es sinnvoll sich auf die eigenen Stärken zu konzentrieren. Dennoch sollten wir unsere Schwächen zumindest kennen und einen bewussten Umgang mit ihnen wählen.
Zunächst sollten wir uns die Frage nach dem Ursprung der Schwäche stellen. Hierfür gibt es drei Möglichkeiten: das fehlende Wissen, das fehlende Training oder das fehlende Talent. Schwächen auf Basis des fehlenden Wissens und Trainings können zumindest einfacher aufgebessert werden als eine tatsächliche Schwäche des Talents.
Im Anschluss stellt sich die Frage, inwiefern diese Schwäche bedeutsam für das eigene Leben ist. Sofern die Schwäche unbedeutend für das eigene Leben ist, ignoriere sie bewusst! Wir verschwenden häufig viel zu viel Zeit Dinge zu tun oder zu erlernen, die unrelevant für unser Leben sind. Also – lass es sein!
Sollten diese Schwächen jedoch relevant und bedeutsam für das eigene Leben sein, gibt es verschiedene Wege mit ihnen umzugehen. Erstens können wir sie auf ein annehmbares Level trainieren. Gerade bei Schwächen im zwischenmenschlichen Bereich (Zuhören, Einfühlungsvermögen) oder auch in anderen sehr wichtigen Bereichen, sollten wir fähig sein zumindest auf das Mittelmaß zu kommen. In diesen Fällen heißt es: üben, üben, üben.
Zweitens verwende Hilfssysteme. Beispielsweise könnte eine vergessliche Person sich ein Erinnerungssystem über Post-its oder eine App aufbauen. Oder ein unpünktlicher Mensch könnte mehrere Wecker oder mit nach vorn gedrehten Uhren arbeiten. Diese Hilfssysteme sollten an die eigenen Schwächen und Bedürfnisse angepasst sein, damit sie erfolgreich sein können.
Drittens finde Menschen, die deine Schwächen durch ihre Stärken ergänzen und ausbalancieren. Beispielsweise als Unternehmer/in kannst du mit Steuerberater/innen für deine Steuererklärung oder mit Marketing-Expert/innen für die Vermarktung deines Produktes zusammenarbeiten, wenn dir die entsprechende Zahlenaffinität oder Kreativität fehlt.
Es lebe der gesunde Umgang mit den eigenen Stärken und Schwächen
Es ist essenziell die eigenen Stärken und Schwächen klar zu kennen, die Stärken bewusst für den eigenen Erfolg einzusetzen und die Schwächen nicht überzubewerten und stattdessen sinnvoll zu managen.
Lasst uns deshalb alle unsere Stärken herausfinden – von uns selbst und unseren Kindern – und diese bewusst stärken und einsetzen. So können wir ein glücklicheres, erfüllteres und erfolgreicheres Leben führen. Ein Purpose Coaching oder Mentoring kann dich beispielsweise auf diesem Wege maßgeblich unterstützen.